Tag 29

Rebellion

Die Liebste bleibt an einem Schaukasten hängen. Sie steht perplex da. Ich gehe zu ihr zurück. Ab und zu schüttelt sie leicht den Kopf. „Jetzt guck dir das an!“, raunt sie.

Abstand halten Werbeplakat

Ich gucke mir das an. Verstehe aber ihre Verstörtheit nicht. O.k., das Plakat hängt schief und ein bisschen unentschieden an der Magnet-Pin-Fläche herum. Aber das kann es nicht sein. So pingelig ist sie nicht.
Ich sag erstmal nichts, damit ich nicht doof dastehe.
Und dann fällt es auch mir auf. Wie hab ich das bloß übersehen können! Es ist ja klar zu erkennen!
Mich durchfährt jähe Erkenntnis. Dass gallische Dorf, diese allseits bekannte Ikone des wackeren Widerstandes gegen die autoritäre Obrigkeit, … es liegt im Süden des Münsterlandes. „Meine“ Stadt ist eine Keimzelle des Aufbegehrens. Das Epizentrum nichts weniger als das alte Rathaus selber. Womöglich ist „mein“ Bürgermeister der strahlende Held der Rebellion.
Die Botschaft ist ja eindeutig: Wollt Ihr Euch wirklich wie die blöden Hammel auf Befehl auseinander treiben lassen, um dann, wenn es den Mächtigen gefällt, bei „Haltern bittet zu Tisch“ wieder gemeinsam an den Trog beordert zu werden?
Wollt ihr das?!?!
Wollt Ihr dumme Schafe sein?!?!
Das Plakat wirkt. Ich bin zutiefst verunsichert. Ja, ich muss mir eingestehen, dass auch ich nur ein unkritisches Vieh in der Herde war. Ich beschließe noch hier vor Ort an diesem Schaukasten mich zu ändern. Ich werde wieder renitent in der Nase bohren, sogar öffentlich, auch wenn ich mich nicht erinnere, was ich heute nach dem Händewaschen schon alles angefasst habe.
Ich folge dem Ruf der Freiheit!