Tag 12 [21.07.]

Florenz. Aufgeregt eilen wir zum Dom. Wir sind verabredet mit der anderen Tochter, der Schwester, der Schwägerin, je nachdem wer von uns an sie denkt. Sie ist heute hier gelandet mit ihrem Freund.
Im Gewühl am Dom verlieren wir uns sogar kurz. Vor lauter aufgeregter Eile.
Schließlich entdecken wir sie in einem Café hinterm Dom. Sie strahlt uns entgegen.
Wir streifen zu sechst durch Florenz. Wie klitzekleine Sandkiesel in einem eifrig strömenden Bach purzeln wir durcheinander. Mal geht die mit dem. Dann mit der. Dann wieder mit der und der. Die dritte tänzelt immer mal auf mal neben dem Bordstein. Der Bürgersteig ist einfach zu eng für drei. Aber man möchte ja nebeneinander. Immer wieder sehe ich mich um und bin glücklich.
Meine Leute, mein Lächeln, meine Liebe.
So viele andere Leute kieseln wie wir durch die Stadt. Wir werden hierhin gestupst, dahin geströmt. Da sind kleine, glatt geschliffene graue, da sind grobere, sie treiben eher holprig, da sind bunte, schwere, leichte, derbe, feine.
Mal bleibt ein Grüppchen Kiesel an einer Statue hängen, kieselt ein wenig hin und her. Strömt dann weiter. Nur eins bleibt noch hängen. Die anderen sind schon weiter getrieben. Es purzelt hinterher. Andere Sandkiesel strömen achtlos vorbei. Als wären sie auf dem Weg irgendwohin. Wir alle kieseln durch die Stadt der wuchtigen stein gewordenen Bedeutungsschwere.

Löwenkopf mit Taube

Und der bunten Nur-so-Sachen, des grellen Nippes, den man kauft, damit man später sich erinnert. Weißt Du noch? Das haben wir damals in Florenz. Ein Häufchen Kiesel vor dem großen kleinen David. Was wohl von unseren Zeiten bleiben wird? Woran dann die Kieselschwärme entlangströmen? Wovon sie dann erzählen?
Schließlich möchten wir verweilen. Strömen in eine kleine Bar, die in einem länglichen Schlauch mit schmalen Tischen auf den Arno zeigt. Drängen uns um den Tisch. Und plappern. Wie Bachkiesel, die kichernd an einander stoßen. Kleine Bedeutungsschwere inmitten der großen steinernen, würdevoll und ernst deklamierenden.
Ich freue mich.
Meine Leute, mein Lächeln, meine Liebe.