Angenommen, Leif-Erik Holm, der Spitzen-Kandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, der als Gewinner der Landtagswahl am Morgen danach im Morgenmagazin auf WDR 5 interviewt wird, – angenommen dieser Kandidat hat nicht die halbe Nacht Kreide gefressen, damit ihm bloß nicht das rausrutscht, was die AfD so viele Stimmen hat gewinnen lassen. Angenommen, dass dieser Kandidat nicht zynisch genug ist, genau das in seinem öffentlichen Radio-Reden wegzulassen, wovon er weiß, dass es ekelig ist: Hetze gegen Islam, Hetze gegen die Bundeskanzlerin, die schuld an der Flüchtlingsflut ist, Hetze gegen Schwule, Hetze gegen die Lügenpresse. Angenommen also, Herr Holm meinte ernst, was er sagte, nämlich, dass die AfD ihren nunmehr gewachsenen Einfluss für eine bessere Landespolitik nutzen wolle. Angenommen er will tatsächlich dazu beitragen, dass, wie er in diesem Interview sagt, Familien gefördert werden, dass die Ansiedelung von Betrieben in MV forciert wird, dass mehr dafür getan wird, dass nicht so viele junge Menschen aus MV abwandern und das Land vergreist, dass mehr für die Bildung in MV getan wird.
Das alles angenommen, dann: Respekt! So konsequent hat noch keine der sogenannten Protestparteien daran gearbeitet, den Anspruch, dereinst eben nicht politisch vollgefressen im Sumpf der sogenannten etablierten Parteien zu landen, auch in die Tat umzusetzen. Sich nicht vom Virus der Macht anstecken zu lassen. Denn: Etwas dafür tun, dass mehr junge Menschen in MV bleiben, die Klientel also, bei denen der Anteil an AfD-Wählern am geringsten ist. Und dann auch noch etwas für die Bildung zu tun, was, je mehr man im Besitz von ihr ist, die Neigung AfD zu wählen erwiesenermaßen auch nicht gerade steigen lässt. Wenn das alles so ist. Respekt! Die AfD arbeitet vom Morgen nach der Wahl an konsequent daran, sich selbst wieder überflüssig zu machen.
Unglücklicherweise habe ich aber auch ein paar Nebensätze gehört, die den Verdacht nahelegen, dass die Annahme unsinnig ist.
Wahrscheinlich also doch: Kreide.