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Der Bundespräsident vor der Münchner Sicherheitskonferenz

Es brauchte schon einen Redner mit besonderer Begabung, um die Öffentlichkeit die an sie adressierte Kernbotschaft der letzten Münchener Sicherheitskonferenz zu vermitteln.
Schon das eine rhetorische Herausforderung: Eine Rede auf der nicht-öffentlichen Konferenz einer gesellschaftlichen Elite zu halten, deren Adressaten die Gruppe der eingeweihten Insider auf der Konferenz ist, die es aber dann in die Tagesthemen schaffen soll, deren Adressaten das gemeine Volk ist.
Die zweite Herausforderung nicht weniger anspruchsvoll: Das Volk mit einer neuen Militär-Doktrin vertraut machen, die nichts weniger bedeutet, als das Opfern von Menschenleben schon in naher Zukunft, und das so zu formulieren, dass letzteres nicht deutlich wird.
Wenigstens war der Boden schon ein bisschen bereitet durch einen der Eingeweihten, – den Bundesaußenminister Herrn Steinmeier. Er hatte die schwer zu vermittelnde neue Wahrheit schon einmal angekündigt mit dem denkwürdigen Satz, Deutschland sei zu wichtig, um die Weltgeschichte nur zu kommentieren.
Wer sonst hätte sich dieser Herausforderung besser stellen können als Joachim Gauck? Nur er konnte diese Botschaft aus der nicht-öffentlichen Sitzung via TV-Nachrichten in die Öffentlichkeit tragen. Er ist gesegnet mit unbefleckter Wort-Empfängnis. Die ihm dabei zufallenden Formulierungen trägt er mit jenem pastoralen Beschwichtigungs-Timbre vor, das kaum einem so zu eigen ist wie ihm.
Allerdings mag hier und da die Bedeutung seiner Rede etwas unklar gewesen sein, zumal wenn man zwar zu den TV-Adressaten oder zu den Betroffenen der neuen Doktrin gehört, aber eine andere Sprache spricht als der Herr Bundespräsident. Für diesen Fall hält das Bundespräsidialamt einen lobenswerten Service bereit: Man kann das Rede Manuskript auf der Homepage des Präsidenten komplett lesen und es liegt in Übersetzungen ins Russische, ins Englische und ins Französische vor. Was allerdings fehlt, ist eine Übersetzung ins Deutsche. Gerne komme ich meiner staatsbürgerlichen Verantwortung nach und liefere sie hier:

„Sehr geehrter Herr Ischinger, liebe Verbündete im Geheimnis der Eingeweihten, liebe Elite! Mit kommt die präsidiale Pflicht zu, einen Nachruf zu formulieren.
Lassen Sie uns heute hier mit allem gebotenen Respekt derjenigen gedenken, die schon bald im Namen der Freiheit des Handels gestorben sein werden.
Des jungen Mannes, der, von einem Kindersoldaten in einen Hinterhalt gelockt, von Macheten-Hieben regelrecht abgeschlachtet werden wird.
Der jungen Frau, die beim Versuch, bei einem Bombenattentat verletzten Menschen zu helfen, zerfetzt werden wird, als die zweite Bombe detoniert.
Der Gruppe junger Frauen und Männer, die im Straßenkampf eingekesselt, gestellt und erschossen werden wird, weil man die Informationen der Aufklärungsdrohne einfach falsch interpretiert hatte.

Lassen Sie uns all diesen und all den ungenannten Menschen zurufen: Sie werden nicht umsonst gestorben sein und auch nicht vergeblich! Zukünftige Generationen werden sich dankbar vergegenwärtigen, dass ihr Lebensstandard nur möglich ist, weil Sie mit Ihrem Leben sich dafür eingesetzt haben.
Und Ihnen, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer hier auf dieser Konferenz verspreche ich heute und hier: Ich werde mich nicht drücken, wenn der erste tote Soldat aus den neuen Missionen zurückkommen wird. Ich werde die schwere Verantwortung übernehmen und die Trauerrede auf ihn halten. Darauf können Sie sich verlassen.
Ich danke Ihnen für’s Zuhören.“

 

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