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Filiströse Filolögchen

Immer wieder mal beklagen sie den Zustand der deutschen Sprache. Oder sie betonen, wie wichtig es sei, auf den Erhalt ihres Zustandes aufzupassen.
Kürzlich schlägt jemand vor Texte für Förderschüler von sprachlichen Hürden zu entlasten. Man könne ja statt „das Auto des Nachbarn“ schreiben „das Auto vom Nachbarn“. Es folgt energischer Protest.
Erstens sei „das Auto vom Nachbarn“ grammatikalisch falsch. Ich frage mich einmal mehr: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen „grammatisch“ und „grammatikalisch“? Sollte ich mich darüber informieren, um nicht als ungebildet rüberzukommen? Später (wahrscheinlich im Sinne von nie, weil nicht wirklich wichtig …).
Zweitens sei ohnehin ein Trend zur Verkümmerung des Gebrauchs des Genitivs erkennbar. Man müsse den ja nicht unbedingt noch unterstützen.
Da hat aber jemand ‚seinen Sick’ studiert. Oder zumindest ein Deteilchen ins tägliche Repertoire aufgenommen, mit dem man sich sprachschützerisch gebildet gebärden kann.
Nun – für mich stellt das Ganze schon länger kein Thema mehr dar. Ich lebe in einer Region, in der der Genetiv schon lange unbedeutend ist, genauso wie der Dativ. Trotzdem glaube ich nicht an hinterhältig kulturzersetzende Abschaffung, – eher an eine Veränderung von Lebensräumen. Und wer weiß, – der Wolf ist schließlich auch wiedergekommen.
In „meiner Region“ müsste ‚der Sick’, wenn er korrekt sein wollte, sowieso auch eher heißen:
„Der Dativ war den Genetiv sein Feind. Aber jetzt ist der Akkusativ den Dativ sein Feind“
Eine wirkliche Entlastung für die/den Schüler (s.o.) hieße denn auch:
„…den Nachbar sein Auto“.
Vielleicht hat ja irgendwann mal jemand den Mut.
Übrigens: Ich schreibe „Philister“ und „Philologe“ weiterhin mit Peha. Ich finde, das sieht einfach schicker aus. Aber ich  bin ja auch schon wat älter.

 

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