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Tief einatmen

Tief einatmen

Die Liebste macht ein Nickerchen auf der Sitzfläche im Cockpit. Ich
träume am Ruder so vor mich hin. Irgendwas im Augenwinkel weckt mein
Interesse. Intuitiv fühle ich: Das gehört da nicht hin. Ich schaue auf und
sehe einen kleinen Vogel knapp über der Wass eroberfläche
vorwärtsflattern. Ach so, ja, klar, Vögelchen. Denke ich träge. Nichts
Ungewöhnliches. Es braucht eine ganze Weile, bis meine dösig vor sich
hin dümpelnden Synapsen die richtigen Schaltwege gefunden haben und
mir signalisieren: Kleines Vögelch en flattert knapp über der
Wasseroberfläche? Hier draußen? Weit vom Land entfernt! Sehr, sehr
weit! Kann nicht. Ich schau nochmal hin. Leider ist das Vögelchen weg.
Ich will die Synapsen schon anweisen, das Ganze einfach unter
„Hirngespinst“ abzubuchen, da stieben plötzlich gleich drei Vögelchen
aus dem Wasser. Ziehen flatternd 30/40 Sekunden eine schnurgerade
Flugbahn übers Wasser und tauchen wieder weg. Manchmal schießen
gleich 5 oder 6 gleichzeitig aus dem Wasser. Beim Übergang Wasser -Luft
ziehen sie wie in geplanter Formation mehrere symmetrisch in einem
leichten Winkel auseinanderstrebende getupfte Linien über die
Wasseroberfläche und schießen dann in genau dieser Formation
auseinander. Fliegende Fische. Ich versuche mir das vorzustellen. Sie
wimmeln unter Wasser hin- und her. Haben Bock, ein bisschen über
Wasser zu tauchen. Ziehen sich noch mal so eine richtige Dosis
Sauerstoff aus dem Wasser, halten dann die Kiemen an und versuchen so
lange wie möglich über Wasser zu bleiben. Erst, wenn es den Kiemen
schon ganz, ganz eng wird, tauchen sie wieder ein und saugen prustend
neuen Sauerstoff.

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