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Kyss-Bank Keep your soul safe Logo

Mitteilung über Kontoeröffnung.
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Konto-Typ: Inheart
Abrechnung: Ich-side
Nutzername: trotzkopfdumm


[nähere Informationen zum Abrechnungs-Modus „Ich-side“ und „Aber-side“: „Ich und Aber“]

 

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AGB:

Vorbemerkung:
Das Inner-Verfassungs-Gericht hat mit Grundsatzurteil vom 10.09.2014 darauf hingewiesen, dass im Bereich der Inheart-Konten die Beschränkung auf lediglich Soll-Buchungen des Abrechnungstyps „Aber-side“ mit den allgemeinen Grundsätzen der Buchungsführung nicht vereinbar ist.

Dieser Mangel wird nunmehr mit der Einführung eines „Ich-side“-Kontos behoben.
Entsprechend gelten folgende Regeln:

§ 1   Auf dem Ich-side-Konto werden ausschließlich Haben-Posten verbucht.
§ 2  Einmal getätigte Buchungen können nicht storniert werden.
§ 3  Buchungen können nur von einer Ich-Aber-Identität vorgenommen werden, nicht von Außenstehenden.
§ 4  Außenstehende können Buchungsanträge stellen. Dies erfolgt formlos.
§ 5 Dem Antrag muss eine (ggf. auch mündlich vorgetragene) Begründung
beigefügt sein.
§ 6 Der Antrag kann nur positiv beschieden werden, wenn
Abs. 1  die Begründung ausführlich ist,
Abs. 2  die Begründung stichhaltig ist,
Abs. 3  die Begründung glaubwürdig ist.

Das Konto ist mit der ersten Buchung unter Gültigkeit der AGB eröffnet.

Kyss-Konto 1. Buchung

 

Spur einer Schnecke

Wilde Flucht

Plötzlich stand dieses Monster mit den Stacheln und der spitzen Schnauze vor ihr. Kurz erstarrte sie. Doch dann hatte sie sich wieder gefangen. Es gab nur eins: Flucht.
Sie warf sich herum und schlug einen dieser wilden Haken, um die sie in ihrer ganzen Kriech-Community beneidet wurde.Doch ihr Manöver half ihr nicht.
‚Hätt ich bloß diese Schrecksekunde nicht gehabt. Dann hätte es vielleicht noch gereicht’. Das war das letzte, was sie dachte.

Freitag Abend. Radionachrichten.Ich höre von einer „Schariah-Polizei“, die durch Wuppertal gezogen sei und junge Leute zu einem gottgefälligen Leben aufgefordert habe.
Nein, Kardinal Meißner war nicht dabei. Sie waren wohl von einer anderen Fraktion.
Das Treiben sei auf einem youtube-Video zu sehen. Offenbar hat die delikate Hinterlassenschaft mehr oder weniger unbemerkt ein Weilchen auf der medialen Gassi-Wiese vor sich hingestunken.
Aber dann hat es die üblichen Schwandroniermaschinen und Reflexschwätzer doch aus den Häusern gelockt. Eine Zeitlang schnüffelten sie daran herum. Schließlich muss man ja wissen, ob man sein Revier neu markieren muss, oder  mit effektvoll erhobener Bell-Schnauze auf sich aufmerksam machen.
Die größte Schnauze gibt der bayerische Innenminister. Er versteigt sich zu dem Gekläff, dass das Verhalten der jungen Männer eine Kriegserklärung an den Rechtsstaat wäre.
In den Radionachrichten höre ich, die Männer hätten Warnwesten mit der Aufschrift „Scharia-Polizei“ getragen.

Scharia-Polizei Wuppertal

Genau das aber war die Aufschrift nicht.  Da steht nicht „Scharia-Polizei“. Polizei steht da in ausgerechnet der Sprache des liebstgehassten Erzfeindes. Das ist doch nett. Die jungen Männer haben ihre amerikanischen Ballerfilme gesehen. Und sie haben offenbar verstanden, dass diesen Filmen dasselbe Rechtsverständnis zugrunde liegt wie der Schariah.
Und es steht da „Schariah“. „Hey, komm lass h dazunehmen. Sieht irgendwie arabischer aus.“
Lieber Gott. Öffne die Schleusen des Himmels und schick uns ein You-Tube-Video, auf dem zu sehen ist, dass es sich nur um eine besonders schräge Art des Junggesellenabschieds handelte.
Sehen sie nicht auch so aus, als stünden sie nach ein paar Bierchen an der Pissrinne?
Und der Mann in der Mitte zeigt auf den zukünftigen Bräutigam.

 

– ohne Titel –

Die Nacht ist
Dunkelgiftigblau
Über mich gewölbt.
Gallige Gedankengase
Gären im Schlamm am Grund
Meines Lebens.
Alte Nöte
Steigen auf in modrig platzenden
Bedrohlichkeits-Blasen.

Licht an. Augen auf.
Komisch, dass das gar nicht stinkt
Aus demselben Geist, der denken kann:
Ein Glück.

Heute habe ich ein Leben gerettet.
Es ist höchste Zeit, mal wieder die Fadenalgen aus dem Teich zu fischen. Bei fast jeder Ladung zappelt kleines Getier im grünen Matsch. Vorsichtig bugsiere ich es jedes Mal zurück ins Wasser.

Wieder ein neuer Algen-Haufen, der klebrig zusammenpappt, wenn man ihn aus dem Wasser hebt. Mittendrin ein Wulst. Darin etwas Dunkles. Ich untersuche die Form. Es ist eine Libellenlarve. Absolut starr. Ich stubse sie an. Keinerlei Reaktion. Sie ist leblos. Schon will ich den Haufen wegwerfen, da hält mich irgendwas zurück. Ach guck doch noch mal. Vorsichtig puhle ich Algenfäden von dem starren Körperchen. Komme mir dabei lächerlich vor. Das Tier ist tot. Irgendwie albern, es herauszuschälen und dann auch noch so vorsichtig, dass ich es nicht verletze. Quatsch, – jetzt schmeiß den Haufen weg. Nein – ich puhle weiter. Nähere mich dem Körper. Jetzt bloß keine Beinchen ausreißen. Aber das Tier ist doch tot. Schließlich habe ich es fast ganz frei gelegt. Es rührt sich immer noch absolut nicht. Trotzdem mache ich einen Versuch. Ich fahre mit der Hand, in dem dieses Körperchen liegt, an dem nur noch einige wenige Algenfäden kleben, langsam unter Wasser. Plötzlich schüttelt sich die Larve einmal durch und taucht ab. Als wäre nichts gewesen. Ihr Zucken hat mich regelrecht erschreckt. Als sie verschwunden ist, bin ich stolz. Ich habe ein Leben gerettet.

Einen Sonnenuntergang kann man nicht fotografieren. Nicht dass ich es nicht schon tausendmal gemacht hätte. Ein Bild schöner als das andere. Und doch enthält keines, was diesen sich eilig dehnenden Moment ausmacht.

‚Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.’ Eben nicht.
Die Überraschung, wenn man plötzlich wahrnimmt, wie schnell sich doch die Erde dreht. Eben noch hat die Sonne voll und rund orangen gleißend über dem Ende der Welt geschwebt. Flimmernde Verheißung. Beinahe ewig. Schon ist sie zu einer kleinen hellen Sichel über dem Horizont geworden, die sich unaufhaltsam weitersenkt. Verheißung für andere Welten. Mich verlässt sie. Und dann bleibt nur noch ihr rötlicher Schimmer am Himmel. Melancholie sickert ins Herz. Alles Ende in einem Ende fühlbar. Auf wahrlich traurige Art schön.

Das kann man nicht fotografieren. Das kann man nur erzählen. Nachher. Denn dabei ist Verstummen. Selbst die Worte scheinen mit der Sonne zu verschwinden.

– ohne Titel –

Wie es wohl als
DAS LETZTE MAL
Gewesen wäre.

Bloß jetzt nicht
Diesen Moment
An die Erfüllung verschleudern.

Hier geblieben, Ewigkeit!

Urlaub.
Entspannung pur. Erkennbar an einem Dialog wie diesem.

 (Er glotzt auf den Campingkocher. Sie beobachtet ihn)

Wat bis’ an kucken?
Wasser.
Wie Wasser?
Ich bin dat Wasser cooken an kucken.
Ah.

Fußball-WM in Brasilien
Deutschland gegen Frankreich.
Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl analysieren einen Spielausschnitt. Man sieht die Szene und hört Scholls Stimme aus dem Off.
Und da passiert, was nicht passieren darf: Mehmet Scholl benutzt ein Fremdwort. „Wohltemperiert“. Um Himmels willen! Das wird Quote kosten. Dabei ist ihm so eingeschärft worden, dass er das nicht darf. Dass er immer so sprechen muss, dass die Worte ungehindert in den Zuhörer hineinsickern …

Und als wär das nicht schon schlimm genug, spricht er seinen Fehler auch noch aus. Er macht die „Wir-wollen-immer-extrem-einfach-sprechen-Regel“ öffentlich. Bei seinem Zögern und Stutzen nach diesem Fauxpas (ups …) kann man regelrecht hören, wie sein Gegenüber mit Blicken mit ihm schimpft: „Bist du verrückt?! Du kannst doch nicht den Zuhörern auch noch sagen, dass wir sie für doof halten?!“

Alles das in diesem kurzen Ausschnitt.

Morgens höre ich im Radio ein kleines Feature über die Sprach-Vielfalt im europäischen Parlament. Darin ist eine kleine Randbemerkung, dass es manchmal Missstimmung gebe, weil oft Namen aus anderen Sprachen als der eigenen nicht richtig ausgesprochen werden.
Ich frage mich sofort nach der Missstimmung, die der russische Präsident empfinden mag, wenn ein Franzose seinen Namen ausspricht. Obwohl: Kann Putain überhaupt Französisch?

Kleines Lob dem Nicht-Gelingen

Ich jogge ‚meine Strecke’. Ein Stück über einen Fahrradweg. Während ich laufe, achte ich darauf, möglichst rechts zu laufen, damit Fahrradfahrer, die von hinten kommen, gut vorbeipassen. Es fällt mir auf, dass ich darauf achte und ich muss grinsen.

Letztes Jahr im Herbst. Ich jogge ‚meine Strecke’. Ein Stück über einen Fahrradweg. Es ist noch dunkel. Bin irgendwo in einem beinbewegten Gedanken-Nirwana. Plötzlich raunzt jemand neben mir zackig: „Ohren auf! Augen auf!“ und rauscht mit dem Fahrrand vorbei. Ich belle „Schnauze!“
Fahrradbremsen ratschen. Ein Person neigt sich von der Wucht des schnellen Bremsens über den Lenker.
Er bleibt stehen.
Er ist mindestens zwei Meter groß.
Er ist stark.
„Was war das gerade?“
Und dann folgt ein ruppiges Wortgefecht. Er habe ein paarmal geklingelt. Ich solle gefälligst aufpassen, wo ich laufe. Es gäbe schließlich auch noch andere usw. usw.
Und ich: Was dieser Ton solle! Wir seien hier nicht in der Kaserne. Ich würde scheißen auf die 10 Sekunden, die er durch mich verloren hätte usw. usw.
Schnauzereien, Beschimpfungen. Unangebrachtes Duzen.

Am Ende macht er sich wieder davon und lässt mir ein „Arschloch!“ da.
Selber!
Den Rest der Strecke schimpfe ich weiter innerlich über ihn. Was maßt der sich an, mit mir zu reden wie ein verbockter autoritärer alter 50-er-Jahre-Grundschullehrer mit seinen Kindern?
Schnauze!

Seitdem laufe ich immer strikt rechts.
Denn eigentlich hatte er ja Recht.
Deshalb muss ich grinsen.

Heute will ich zum Baum meines Bruders. Der Trauer Zeit schenken. Für den Weg und vielleicht auch mein Verweilen dort möchte ich die drei Songs auf mein Handy laden, die in der Zeit nach seinem Tod so wichtig waren.
Außerdem ein Foto. Vielleicht will ich es, wenn ich da bin, in meinen Händen halten.
Alles das, weil vielleicht das Gewimmel im Kopf den Weg nicht frei gibt zur Trauer.
Bei der Suche nach den Songs und dem Bild auf meinem Computer stolpere ich, ich weiß nicht mehr wie, wieder einmal über „Arbeit und Struktur“ – den Blog von Wolfgang Herrndorf.
Ich klicke hinein.
Der letzte Eintrag ist immer noch derselbe:

„Schluss
Wolfgang Herrndorf hat sich am Montag, den 26. August 2013 gegen 23.15 Uhr am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen.“

Er rührt mich an wie eh und je. Ich öffne das letzte Kapitel, weiß nicht mehr warum. Ich wollte doch eigentlich was ganz anderes. Dort finde ich einen Eintrag vom 23.07.2013.
Ein Erlebnis mit einer toten Libelle.
Keine Spur mehr von Gewimmel. Gedanken wie angeknipst.
Diesen Text will ich als Startbild auf meinem Desktop haben. Als Hintergrund vielleicht eine meiner Langeweile-Kritzeleien, die ich immer aufhebe und einscanne? Stromere durch den Ordner, bleibe hängen bei einem Foto, das hier eigentlich gar nicht hingehört. Wie ist das denn hierhingeraten? Es zeigt die Wasseroberfläche unseres Teiches, auf dem Bambusblätter schwimmen.
Das muss es sein. Erst viel später fällt mir auf, dass es eine intuitive Logik hat, über gerade dieses Bild zu stolpern. Hier wird eine Libelle ja groß: Im Wasser.
Inzwischen ist mein Entschluss jetzt zu meines Bruders Baum zu fahren schon mehr als eine Stunde her. Eine Vorstellung entsteht. Dieses Bild, umgewandelt in Schwarzweiß mit verblasster Schwärze. Darauf die Buchstaben des Libellen-Textes.
Ab jetzt folge ich selbstvergessen diesem inneren Bild. Bearbeite das Foto. Kopiere den Text in Word. Drucke ihn aus. Scanne ihn ein. Löse jedes einzelne Wort aus seinem Hintergrund. Was für eine mühsame, fummelige Arbeit. Keine Ahnung, warum ich das mache. Dennoch keine Zweifel. Es muss unbedingt sein. Auf eine lustvoll Art, die mich immer weiter zieht. Was für stolze kleine Bauwerke sind doch Buchstaben! Wie zittrig meine Hand, wenn ich den Curser versuche an ihren Konturen entlangzuführen. Schrift – Bild. Viele Versuche misslingen. Dann ist es doch fertig. Mehr als zwei Stunden sind vergangen seit meinem Entschluss. Es ist gut

.Bambusblätter auf einem Teich  Wolfgang Herrndorf, Libelle, Blog Arbeit und Struktur

Und seltsam unpassend. Dieses Bild, das viele Stunden voller Hingabe in sich trägt, als Bild auf einem so unsentimentalen Gegenstand wie meinem Computer! Ich bin liebevoll verbunden mit dem Text. Auch mit diesem klitzekleinen Fehler. „Gewiesene“ statt „Gewiesen“.

Mache mich fertig. Fahre los. Stunden nach meinem Entschluss. Bin in einer anderen Welt in anderen Bildern und doch ganz nah bei ihm. Die ganze Zeit. Obwohl in meinen Gedanken sein Name nicht fiel. Die gute Stunde, die ich fahre, im Auto, ein dichtes Nebel-Wadern von Gedanken-Dasein. Erinnern. Fetzen von Sätzen. Gesichtsausdrücke. Seine Art zu tanzen. Wie er dabei genussvoll die Unterlippe leicht nach vorne schob. Sein mildes, starkes Schweigen. Das Großer-Bruder-Schweigen. Sein runder warmer Körper, wenn ich ihn umarmte beim Begrüßen.

Das kann ich nicht. Schreiben, wie meine Reise zu seinem Baum weiterging, ohne, ja – ohne was? – ohne –

Anruf. Herzinfarkt. Rasende Fahrt. Halte durch! Ich bin gleich da!
Aber ich bin nur der kleine Bruder.

Ich fasse seinen Baum an. Meine zu spüren, wie etwas von seiner Seele in mich hineinwandert. Wie damals, als ich – zu spät – in der Intensivstation ankam. Er schon in einem Anderen. Ich legte meine Hand auf seinen nackten Oberarm. Erschrak, wie kühl er war. Und spürte, wie etwas aufgeregt in mich hineinströmte. Als hätte sich seine Seele erschreckt und wäre in mich geflüchtet. Unterschlupf? Ich weiß noch, wie ich ein, zwei Wochen später, damals, in irgendeiner tiefen unruhigen Nacht sie bat, sich einen anderen Ort zu suchen. Ich konnte die Enge um mein Herz nicht mehr tragen.
Quatsch, sagt der Vernunft-Fundamentalist in mir, – mein ‚Aber’. Das alles, was Du da fühlst, bist Du, nicht er. Tod ist nur Stecker raus und Schluss.
Pflücke ein Kleeblatt, das genau an der Stelle wächst, an der zwischen den Wurzeln dieses Baums seine Urne eingegraben ist. Ist etwas von ihm darin? Natürlich.
‚Aber’ zynt.
Denke an eine Freundin, die homöopathisch arbeitet. Kleinste Stofflichkeit, die Organismen wachsen hilft. Vielleicht kennt sie diese Welt der Moleküle.
Auf der Rückfahrt fällt mir ein, dass auch ich einmal eine Libelle gefunden habe im Wohnzimmer. Ich hab sie damals nicht „bestattet“, wie Wolfgang Herrndorf. Ich hab sie all die Jahre in einer Blechschachtel aufbewahrt. Ab und zu schaue ich hinein. Bin immer noch überwältigt von dieser Lebenspracht und zugleich traurig zu sehen, wie ihr prozellanen volles Blau-Grün immer weiter verblasst.
Und mir fällt ein, dass ich manchmal, wenn ich Hüllen von Libellen-Larven am Teich finde, mich frage, ob dieser Kunstflieger da über den Schachtelhalmen irgendwas von seinem ersten, seinem Wasserleben mitnimmt in die Lüfte. Womöglich ein Erinnern? Warum sonst am Teich weiterleben?
Und mir fällt ein, dass ich, nachdem ich zum ersten Mal eine solche Hülle am Teich gefunden hatte, den heimlichen Wunsch hatte, mir dieses Bild von einer Libellen-Larve in die Haut tätowieren zu lassen, – irgendwo rechts an der Leiste.
Und mir fällt ein, dass ich irgendwann einmal, ich weiß nicht mehr wann und wie dahin gekommen, davon überzeugt war, dass dort meine Seele sitzt, – irgendwo rechts an der Leiste.
Und mir fällt ein, dass ich vergessen habe, mir Wasser mitzunehmen für die Fahrt.
Ich denke so traurig gern an ihn.
Ich wäre so gerne Larve.
Und er wäre Libelle.

Schatz, gibst du mir mal eben meinen Eye-Liner?
Deinen Ei-was?
So’n runder schwarzer Stift.
Und wo ist der?
In meiner Handtasche.

Ich hatte schon immer das Gefühl, dass mir der Kerl irgendwie bekannt vorkommt.

 

 

 

 

Bayern München ist deutscher Meister. Ausgelassene Freude bei den Fans und den Spielern. Obligatorische Bierdusche inclusive. Und die Bilderjäger mittendrin und drumherum. Der Trainer Guardiola weiß das. Also spielt er mit einem Augenzwinkern das „Opferlamm“. Die Kameras flappen ihre Verschlussgeräusche. Geht das nur mir so, dass die Bilder irgendwie an den Messias erinnern?

Und dann der eigentlich denkwürdige Moment. Biergeduscht und glücklich läuft Guardiola auf drei Menschen zu, die gerade den Platz betreten haben. Ein Mädchen, vielleicht 7, ein Junge, vielleicht 9, eine Frau. Seine Familie. Alle drei schöne Geschöpfe. Zierden jeder Titelseite nicht nur der Yellow-Press. Vogue-tauglich. Alle Kameras auf Alarm. Jetzt gleich wird es die Bilder geben, die schon Minuten später um die Welt gehen. Guardiola weiß das. Er geht auf seine kleine Tochter zu und möchte sie – weißbiergeduscht und glücklich – umarmen. Schon streckt er die Arme aus. Und dann das Unglaubliche. Dieses zarte junge Wesen strafft ihren Körper weg von ihm und biegt sich nach hinten. Sie will nicht umarmt werden. Mit unschuldiger Entschlossenheit verweigert sie sich dem, was schon fast im Kasten war. Papa stinkt. Iiiehh! Den will ich nicht umarmen. Guardiola ist sensibel genug, nicht darauf zu bestehen. Nächster Versuch beim Sohn. Doch auch der verweigert sich. Allein die Frau überwindet sich, schmiegt sich kurz an ihn und gibt ihm einen Kuss. Was für eine schöne Szene. Zwei Kinder weigern sich, der weltweiten Bild-Maschinerie die Bilder zu liefern, die diese dann millionenfach vervielfältigt in die Welt hinausposaunen kann. Einfach so, weil Papa eben stinkt.

In einer kurzen Zusammenfassung in der Tagesschau sehe ich diese Bilder. Danach suche ich sie vergeblich auf allen möglichen Wegen, die das Internet zu zu bieten hat. Nein, – diese Sequenz ist nur noch Erinnerung. Ich kann sie nicht zeigen. Ich kann sie ‚nur’ erzählen.