sieben

Ich denke, also bin ich.
Scheiße.

Leuchtturm heißt vuurtoren

Neulich beim Wochenend-Ausflug des Seniorengesangsvereins SGV „Lippe“ nach Bergen: Ein Mann in sportlicher Jogging-Kleidung kommt in den Aufenthaltsraum. Etwas aus der Puste fragt er: „Ben ik hier in de buurt van de vuurtoren?“ Einer fragt: „Vorturnen?“ Ein anderer sagt: „Hier kann man nicht vorturnen, hier ist der Sängerclub.“ Eine dritte: „Der Swingerclub?“. Die Vierte schüttelt den Kopf: „Vorturnen im Swingerklub, ts ts ts …!“

Spinnennetz 1

Wenn du richtig gut vernetzt bist, – wer bist du dann? Die Spinne?

Spinnennetz 2

Und wenn du dich mit dem falschen Leuten einlässt, hast du dich dann vernetzt?

Jungs halt!

Griechenland hat gewählt. Die neue Regierung kündigt vollmundig an, das von der europäischen Union auferlegte Spar-und-Restrukturierungs-Programm so nicht mehr mittragen zu wollen.
Einer der Architekten dieses Programms – Jeroen Dijsselbloem, Chef der Euro-Gruppe, reist nach Athen und trifft sich mit dem neugewählten griechischen Wirtschaftsminister Gianis Varoufakis.
Auf der Presse-Konferenz erneuert Varoufakis seinen Vorschlag zur Neu-Gründung einer Konferenz, die die Bedingungen zur Finanzhilfe für Griechenland neu taxiert.
Die beiden Männer formulieren ihre Positionen. Die beiden Jungs sagen noch anderes. Hier einige Ausschnitte …

Dijsselbloem in Athen

Was er wirklich sagte … :

Dijsselbloem in Athen

Und später … :

Varoufakis und Dijsselbloem in Athen 1

Was er wirklich sagte … :

Varoufakis und Dijsselbloem in Athen

Und schließlich … :

Varoufakis und Dijsselbloem verabschieden sich in Athen

Was sie wirklich sagten … :

Varoufakis und Dijsselbloem verabschieden sich in Athen

Kleiner Trost II

Vorschlag für meinen Grabstein

Ich hatte mein Solo.
Es war sehr schön.
Nun werde ich wieder Ton
Im Klang der Ewigkeit.
Vielleicht kannst du mich
Ab und zu hören.

Kleiner Trost I

Seelenruhig
Fließen meine Tage ab.
Sandkorn für Sandkorn
Spülen sie
Von den Hinter-Gründen.
Übrig bleibt
Die Hauptsache.

EwIch und EndlIch

Schon lange waren EwIch und EndlIch sehr gut befreundet. Manchmal wunderten sie sIch darüber. Denn sie waren sehr unterschiedlIch. Aber vielleIcht war genau das der Grund, warum sie ihre Freundschaft so mochten, – dass sie nIcht unablässIch versuchen mussten etwas zu finden, was gleIch war an ihnen.
Wieder einmal hatten sie sIch zu einem ihrer Spaziergänge verabredet. Vergnügt trabten und plapperten sie vor sIch hin, als plötzlIch EndlIchs Handy surrte. Er hob ab. Sein GesIcht wurde grau und nachdenklIch. EwIch erkannte die Stimme, die da aus dem kleinen Apparat zirpte. Es war WIchtIch.
Schon kurz nachdem er das Gespräch angenommen hatte, begann EndlIch die üblIchen Brumm- und Brabbel-Geräusche des skeptischen Zuhörens von sIch zu geben. SchließlIch sagte er: O.k., dann mache Ich mIch jetzt auf den Weg. Bis gleIch.
Du musst los, sagte EwIch, schade.
Tja, meinte EndlIch. Ich kann’s nIcht ändern. Aber wir sehen uns ja schon bald wieder, – auf meinem SechzIchsten.
HoffentlIch, entgegnete EwIch und musste ein wenIch lächeln dabei, – hatte er doch gerade für einen Moment so gedacht wie sein Freund.

Schöner Traum

Ich sitze in einem Hotel beim Frühstück. Schräg gegenüber von mir sitzt ein Paar orientalischer Herkunft. Sie trägt eine schwarze Burka. Ich kann den Blick nicht von ihr lassen. Als hätte sie eine durchsichtige Bluse an, werden meine Augen immer wieder von voyeuristischem Magnetismus angesaugt. Fasziniert beobachte ich, wie sie regelmäßig das Stück Stoff vor ihrem Mund anhebt, um in ein Brötchen zu beißen. Phantasiere ich oder sehe ich ihr, obwohl ich sie kaum sehe, den Genuss an? Die beiden haben gute Laune. Sie lächeln einander an. Denke ich. Jedenfalls lächelt er sie an. Ich meine verliebten Stolz in seinem Blick zu sehen. Seht, was für eine schöne Frau ich habe!
In derselben Woche habe ich bei meiner morgendlichen Lektüre der Nachrichten auf dem Windows-Portal „Bing“ von der rheinland-pfälzischen CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner gelesen, sie habe öffentlich angeregt die Burka in Deutschland zu verbieten. Die Burka sei „Ausdruck eines frauenfeindlichen Menschenbildes, das nicht zu unserer Werteordnung passt“. Man möge doch „aufgeklärten Frauen“ nicht „aus falsch verstandener Toleranz“… „in den Rücken“ fallen. Kombiniert ist der Artikel mit 5 Bildern. Zwei Bilder von Frau Klöckner. Drei Bilder von verschleierten Frauen.

SJulia Klöckner(Screenshot web.de, abfotografiert, 16.03.2015 9:03)
Frau in Burka(Screenshot web.de, abfotografiert 16.03.2015 9:03)

Das ist ja mal ein interessanter Ansatz: Schauen, ob eine Art sich zu kleiden zu „unserer“ (brrrr) „Werteordnung“ (brrrr) passt! Und verbieten, wenn nicht. Nun könnte man trefflich darüber räsonieren, welche Werteordnung eigentlich die Uniform der Laptop-Luden montags morgens am Flughafen zum Ausdruck bringt. Oder der Dresscode im Dschungelcamp. Was ist mit der Werteordnung, die die Hungerhaken auf Titelblättern von Frauenzeitschriften repräsentieren oder die jungen hübschen Dinger in modischen Kultsendungen, deren Stimmen so klingen, als würden sie nicht mit Stimmbändern und Zwerchfell Töne machen, sondern mit einem implantierten Headset. Man könnte auch sich fragen, ob die Geschäftsführer von Edel-Boutiquen in den einschlägigen Einkaufsmeilen nicht eigentlich eine Bürgerinitiative gegen das Burka-Verbot starten müssten. Schließlich machen reiche Burka-Trägerinnen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Stammkundschaft aus.
Und das Styling von Frau Klöckner? Der Lippenstift. Das Make-up. Das Haarspray. Der Eyeliner. Die Wimpertusche. Der Lidstrich. Das Sakko. Welche Werteordnung? Welches Frauenbild? Aufgeklärt? Frei? Selbstbestimmt? Aber das ist müßig. Es ist gilt ja die alte Weisheit. „So dumm kann keiner sein, ohne gute Gründe so dumm sein zu wollen“. Den Menschen, die solche Forderungen stellen, kann es nicht darum gehen, irgendwelche Werte zu verteidigen. Sie müssen wissen, dass seriös vertretbare Grenzziehungen in Sachen erlaubte/unerlaubte Kleidung in einer demokratischen Gesellschaft nicht möglich sind, wenn man von eindeutig gewaltverherrlichenden Emblemen und Zeichen mal absieht.
Darüber nachdenken aber, warum diese Menschen trotzdem öffentlich solche Forderungen stellen, möchte ich gar nicht. Viel lieber möchte ich träumen.
Die beiden, die ich im Hotel getroffen habe, übrigens in Aachen … ob das wohl Belgierin und Belgier waren? Ob sie vielleicht für ein Wochenende in das Hotel in Aachen gefahren sind, um sich einfach mal wieder ganz in Ruhe so zu bewegen, wie es ihnen gefällt? Ob sie wohl zu ihm gesagt hat: „Schatz, lass uns mal wieder ein Wochenende in Deutschland verbringen. Da ist es so schön frei. Da kann ich endlich mal wieder meine Ausgeh-Burka anziehen.“
Was für ein schöner Traum. „Da ist es so schön frei.“
Irgendwann besiege ich den „Durchsichtige-Bluse-Magnetismus“ und wende mich anderen Dingen zu. Als ich dann doch noch einmal wieder vorbeistreife, sehe ich plötzlich, dass sie den Stofflappen vor dem Mund abgenommen hat. Für den Bruchteil eines Augenblicks begegnen sich unsere Blicke. Kann es sein, dass da der Hauch eines Lächelns durch unser beider Augenwinkel gehuscht ist?

Der NDR-Journalist Hubert Seipel muss sich verteidigen. Er hat den russischen Präsidenten interviewt, – ja genau … den, dessen Namen die Franzosen immer so missverständlich aussprechen. Man wirft ihm vor, er sei durch seinen langjährigen Kontakt zu Herrn Putin nicht mehr unabhängiger Journalist, sondern Hofberichterstatter. Nun kann man sich natürlich fragen, von wessen Hof die Journalisten Bericht erstatten, die in den letzten Wochen Putin reflexhaft kritisch beurteilen und sich darin gefallen, seine hinterlistigen Machtspiele zu durchschauen, die so hinterlistig ja nicht sein können, wenn schon ein Journlist von sagen wir zum Beispiel: der Osnabrücker Zeitung sie durchschaut. (Sind das eigentlich wohl dieselben Journlisten, die, weil sie die Spiele des Herrn Putin ja durchschauen, jetzt dem Journalisten Seipel den Geruch der Hofberichterstattung attestieren?)
Ich höre, wie sich Herr Seipel gegen diesen Vorwurf zur Wehr setzt. Und er gibt an, ein Beleg für die Akzeptanz der Unabhängigkeit des Journalisten Seipel durch den Präsidenten Putin sei die Tatsache, dass von Seiten des Präsidenten Putin im Vorfeld des Interviews keinerlei inhaltliche Vorgaben oder Einschränkungen erfolgt seien.
Ähm … wie jetzt? Wollte Herr Seipel sich nicht verteidigen? Warum reitet er sich dann noch mehr rein? Wenn schon ein Politiker im sogenannten freien Westen sich im Vorfeld eines ausführlichen Interviews alle möglichen Absicherungen ausbedingt, was, bitte, hat es dann zu bedeuten, wenn Herr Putin das nicht tut? Kann es einen anderen Grund haben als den, dass er einfach von Herrn Seipel nichts zu befürchten hat?
Wenn nicht, was ist das dann bei Herrn Seipel? Doofheit? Selbstüberschätzung? Schwere mentale Funktionseinschränkung infolge zu intimer Nähe zur Macht? Oder einfach Langzeitfolgen von Wodka? Das muss dann allerdings an der Menge liegen. Denn die Qualität wird ja gestimmt haben in diesen Kreisen.

Ich sollte mir jetzt doch endlich mal einen schwarzen Anzug kaufen. Ich werde immer öfter einen brauchen.
Hoffentlich.

Ein Tanztheater-Stück in einer ehemaligen Industrieanlage.
Eine japanische Tän
zerin und ein japanischer Tänzer bespielen eine rechteckige Bühne. Sie ist länglich. Das Rechteck verläuft längs vom Publikum weg, nicht quer zu ihm.
Schon das kreiert einen ungewöhnlichen Raum, bei dem man kaum von Bühne sprechen möchte.
Der Boden der „Bühne“ ist über und über mit Glasscherben bedeckt. An den beiden Längsseiten und an der hinteren Stirnseite hängen rechteckige Glasscheiben von der Größe eines mittleren Bilderrahmens an dünnen Seilen aufgereiht von der Decke. Dieser Vorhang aus Scheiben bildet die Wände des „Bühnen“raumes.
Die betanzte Fläche wird immer wieder wechselnd von unterschiedlich farbigem Licht, das von unterschiedlichen Orten her einfällt, verändert. Mal schimmert sie golden mit einem nach außen hin heller werdenden Schimmer. Dann wieder wird sie durch das Licht quer unterteilt. Hinten eine Fläche, die in bläulichem Licht wirkt wie eine Eisfläche, die angetaut und dann erneut gefroren ist. Die vordere dunkle Hälfte ist amorph. Noch da, noch Teil des Geschehens und doch nebensächlich.
Die Scherben auf dem Boden werfen je nach Lichteinfall Schattierungsflecken auf die Seitenwände. Wenn die Scherben durch die Schritte der Tänzer bewegt werden, beginnen die Lichtfleck-„Beschichtungen“ der Wänder seltsam lebendig zu werden.
Das Geschehen auf der Bühne bisweilen martialisch. Der Tänzer zerschlägt immer wieder Glasplatten, die in wohl geordneten Haufen um den Bühnenrand herum symmetrisch aufgeschichtet sind.

Immer öfter zücken Besucher um mich herum ihre Handys und fotografieren Standbilder, die besonders beeindruckend sind.

Auch ich spüre diesen Impuls. Und widerstehe ihm. Dies soll ein Erlebnis bleiben. Eines, an das ich mich erinnere. Oder auch nicht. Eines, das sich mir einprägt. Sich vielleicht mit der Zeit verändert. Von dem ich Einzelheiten besonders intensiv erinnere, andere gar nicht. Viele falsch. Aber was heißt schon „falsch“. Sehe ich im Original-Moment richtig?

Es ist erstaunlich, wie aufregend sich das anfühlt. Etwas Visuelles zu erleben, dem ich eine Konservierung als Foto verweigere. Dem Sehen das Abenteuer des möglichen Vergessens zu lassen.